Mit der Josina Elisabeth auf Klassenfahrt - IJsselmeer und Waddenzee

Freitag, 28.6.2002

Der letzte Tag - Von Vlieland nach Harlingen

Schon in der Nacht war es deutlich zu spüren: Der Wind frischte immer mehr auf. Es heulte in den Wanten und Stagen der vielen Schiffe im kleinen Hafenbecken von Vlieland. Wer nicht raus musste, blieb im sicheren Hafen. Der Wetterbericht war selbst auf dem Laptop mehr als deutlich: Windstärken von 6 bis 7, in Böen sogar bis 80km/h (siehe Ausschnittsvergrößerung) - also eine ganze Windstärke mehr als am Vortag.

Der Wetterbericht von Brandaris, der Verkehrsleitzentrale, sprach eine noch deutlichere Sprache: Im Stortemelk stehen die Wellen bei mehr als 3 Metern! Völlig klar, da können wir nicht durch.
Schon vom Strand aus waren sie deutlich zu erkennen, die großen Brecher, die sich auf der Barre brachen - da war die Hölle los, jedenfalls für ein Schiff von der Größe der Josina!
Aber die Natur ist nicht nur bedrohlich, sie eröffnet auch neue Wege. Die Springflut treibt den Wasserstand einen halben Meter höher, außerdem wird mehr Wasser durch die Seegatten gedrückt als üblich - die Folge ist ein sehr hoher Wasserstand. Der wiederum ermöglicht uns ein Fahren unter Landabdeckung über den Vlielanderbalg, sonst für die Josina Elisabeth mit ihrem großen Tiefgang unmöglich.

Deshalb können wir dennoch nach Harlingen fahren, wir warten nur noch eine Stunde und laufen dann, zwei Stunden vor Hochwasser, durch die enge Hafeneinfahrt aus. Der Segler vor uns wird durch den starken Wind gegen den massiven Steg in der Einfahrt gedrückt, die Crew muss das Schiff abdrücken, einige springen an Land - ganz schön schwierig. Unser Skipper Wijnand schafft es ohne Landkontakt. Sicher und überlegt lässt er die Josina durch die enge Einfahrt rauschen. Schwimmwesten sind Pflicht. Die Stimmung ist nach dem gestrigen Tag im Stortemelk durchaus gespannt.

Das kleine grüne Schild an der Hafeneinfahrt (Vlieland groet u), gestern erleichtert begrüßt, bleibt hinter uns, die ersten Wellen erfassen uns, der Tanz beginnt.

Wir haben im Hafen schon das Großsegel gerefft, sind also auf alles vorbereitet. Aber Wijnand will es noch nicht setzen. Er gibt das Kommando zum Setzen der Fock. Also geht es auf das Vordeck, die Fock surrt hoch und fängt sofort den Wind.

Längst ist der Motor aus, allein unter der Fock läuft die Josina 6,5 Knoten.

Käptn Kalle ist begeistert von der Umsicht, mit der Skipper Wijnand die Josina Elisabeth fährt. Das Großsegel ist immer noch nicht gesetzt, die Fock sorgt für genügend Vortrieb und das Schiff liegt sehr stabil auf dem Wasser. Wijnand erklärt uns den Grund: In jeder Böe dreht der Wind, das kann leicht zu einer Halse führen, dann dreht das Schiff mit dem Heck durch den Wind. Dabei kommt das Großsegel sehr schnell auf die andere Seite. Passiert dies unvorbereitet (und die Böen fallen in der Regeln ohne lange Vorwarnzeit ein) ist das sehr gefährlich, wir können das beim Segler vor uns beobachten. Baum und Segel können beschädigt werden und das Risiko für die Besatzung ist hoch. Die Fock geht ohne Probleme über und ohne Risiko. Eine gute Entscheidung von Wijnand. Wir alle haben uns bei ihm sehr sicher gefühlt.

Gegen Seekrankheit gibt es viele Mittel und Mittelchen. Gut bewährt hat sich das Sitzen an Deck und nicht im Schiffsinneren, Beschäftigung und ein gefüllter Magen. Und Jennifer, mittlerweile seefest, hält sich an gute Ratschläge.

Andere trauen sich nach unten, die letzten Liter Vla vertilgen, Karten spielen oder lesen...

...und wieder andere lassen sich von den Bewegungen des Schiffes in den Schlaf wiegen. Die Nacht war kurz und nirgendwo auf der Welt lässt es sich besser schlafen, als in der geschützten Plicht eines Seglers im Seegang.

Immer wieder treibt der Wind stahlgraue Wolkenwände über den Horizont, der Wind nimmt dann sofort deutlich zu, es jault und pfeift in der Takelage und der Regen kommt fast waagerecht. Sturm? Wijnand lacht und erläutert noch einmal die Windstärken und die Energie, die der Wind transportiert. Stärke 6 ist noch weit vom Sturm entfernt!

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Außerschulischer Partner: ADAC-Yachtschule Udo Rahmann

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