Berlin - Sommertörn 2012

Etappe 4: Durchs Havelland - des Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse
Über die Potsdamer Havel nach Berlin

Bye bye Werder - wir sind wieder unterwegs. Aber wir wollen nicht weit kommen, nur auf den nächsten See, den Schwielowsee. Das ist etwas was uns hier besonders gut gefällt: Auf einem der Seen ankern, viel Platz rund ums Boot, abends der Sonne beim Untergehen zusehen und morgens in der Plicht frühstücken. Bislang macht das Wetter nicht alles möglich aber auch bei Regen ist es im Boot kuschelig. Espressomaschine und TV laufen, alle Annehmlichkeiten stehen zur Verfügung und da kann man auch mal eine Regenpause gut abwettern.

Unterwegs vorbei an einem weiteren Kleinod: Dorfkirche Geltow mit markantem Dach - passt nicht so recht hierher und wenn man recherchiert stößt man schnell auf den Grund. Kronprinz Friedrich Wilhelm, später der „99-Tage-Kaiser“ Friedrich III. hat sich hier eingemischt, er verlangte Ähnlichkeiten mit der Kirche in Terlan, Südtirol. Daher passt das Dach also nicht in diese Landschaft. Oder drücken wir es etwas diplomatischer aus: Daher fällt dieses Dach ziemlich aus dem Rahmen! Nur neun Tage vor seinem Tod hat er diese Kirche zusammen mit der Familie übrigens das letzte Mal besucht und Abschied genommen. Fontanes Gedicht „Kaiser Friedrich III. letzte Fahrt“ beschreibt die durch Eintrag in der Kirchenbibel belegte Visite des Kaisers:

Ich sähe wohl gern (er sprach es stumm)
noch einmal die Plätze hier herum,
am liebsten auf Alt-Geltow zu, -
und ihr kommt mit, die Kinder und du.«

Das Dorf, es lag im Sonnenschein,
in die stille Kirche tritt er ein,
die Wände weiß, die Fenster blank,
zu beiden Seiten nur Bank an Bank,
und auf der letzten - er blickt empor
auf Orgel und auf Orgelchor
und wendet sich und spricht: »Wie gern,
vernähm' ich noch einmal "Lobe den Herrn".....

Wir sind auf dem Schwielowsee angekommen und was uns hier geboten wird ist schon ziemlich heftig. Alle zwei Stunden etwa zieht eine neue Front durch, oftmals begleitet von Blitz und Donners aber immer mit Starkregen und Windböen. Und die jagen ihre Muster über das Wasser und sorgten für ein richtiges Schauspiel. Danach dann wieder eitel Sonnenschein.

Bis zur nächsten Front - unheilvoll drohend zieht hier eine Wolkenwand über Land und verdunkelt den See. Sommer 2012 - was bist Du? Auch Fontane segelte hier, zusammen mit den drei Söhnen des Caputher Fährmannes. Er macht einem Angst und ich bin froh, dass ich diese Passage aus seinen Wanderungen erst nach unseren Unwettererlebnissen gelesen habe:

Der Schwielow ist gutmütig, so sagten wir; aber wie alle gutmütigen Naturen kann er heftig werden, plötzlich, beinahe unmotiviert, und dann ist er unberechenbar. Eben noch lachend, beginnt ein Kräuseln und Drehen, nun ein Wirbel, ein Aufstäuben, ein Gewölk – es ist, als führe eine Hand aus dem Trichter, und was über ihm ist, muß hinab in die Tiefe.... Es gibt ganze Linien, wo die gescheiterten Schiffe liegen.

Wir haben viele Tage auf dem See zugebracht - zum Glück hat uns nichts in die Tiefe gerissen...

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