Corona-Sommer Nummer ZWEI

Etappe 6: Der Finowkanal - Wiedersehen nach 18 Jahren

Und noch etwas wird dadurch sichergestellt: die äußerst knapp bemessenen Wartestellen reichen aus, aber auch nur dann, wenn der Konvoi erwartet wird und sofort einfahren kann. Und hier gibt es ein Problem, dass am Abend beim Gespräch mit Hartmut Ginnow-Merkert eine wichtige Rolle spielt. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten sollen die Schleusen auf Selbstbedienung umgestellt werden. Unabhängig von den Vorteilen des persönlichen Kontaktes, von der dann fehlenden vorausschauenden Organisation ist das gerade für ein Revier wie dem Finowkanal die denkbar schlechteste Lösung. Sie müsste einhergehen mit einer deutlichen Vergrößerung der Wartepositionen, sonst droht in der Hochsaison ein Chaos vor den Schleusen. Der Vorteil der Automatik-Schleusen liegt klar auf der Hand und ist mit einem Wort zu benennen: Zuschüsse! Ich habe dieses Phänomen in meiner Zeit als Bezirksbürgermeister bei Planungsgesprächen mehrfach erlebt. Es gibt - zum Glück - Menschen in den Verwaltungen, die jeden Fördertopf von Brüssel über Berlin und dem Land bis hin zu vielen anderen Zuschussmöglichkeiten mit ihren oftmals sehr speziellen Förderbedingungen genau kennen und die dadurch sehr gut helfen können, Planungen frühzeitig in eine Richtung zu lenken, die die Nutzung möglichst vieler Fördertöpfe ermöglicht. Ich habe aber auch erlebt, dass Verwaltungen von Beginn an die Förderfähigkeit einer Maßnahme als gesetzt ansehen. Unabhängig davon, was eigentlich gewollt wird, kann so die Festlegung auf eine bestimmte Förderung oftmals der Gesamtmaßnahme eine völlig andere Richtung verleihen. Zwar fallen für den Betreiber die Lohnkosten für die Bedienung weg, aber betreut werden müsssen auch Automatikschleusen. Im Gegenzug müssen an jeder Schleuse eine Unzahl von Motoren für die vielen Schütze und die Bewegung der Tore installiert werden, dazu eine hochkomplexe Steuertechnik. Ist das sinnvoll? Dabei ist gerade in einem strukturschwachen Gebiet die Saisonarbeit für viele Menschen eine gute Gelegenheit für eine regelmäßige Arbeit mit einem geregelten Einkommen. Dass diese Menschen in einigen Fällen ihren Unterhalt aus anderen Töpfen der Staatskasse beziehen werden, mag den Betreiber nicht stören, gesamtgesellschaftlich gesehen ist die Einrichtung von Automatikschleusen kontraproduktiv. Zumal der persönliche Kontakt gerade hier wichtig ist, besonders in einem Charterscheinrevier mit vielen unerfahrenen Skippern. Die benötigen oftmals noch praktische Hilfe beim Schleusen, angefangen von konkreten Tipps beim Festmachen bis hin zu einem unmittelbaren "zur Hand gehen".


Immer mit Tipps und Informationen behilflich: Schleusenwärter

Und es gibt noch einen Punkt, in dem leibhaftige Schleusenwärter:innen einer Selbstbedienungs-Schleuse deutlich überlegen sind. Allein ihre Autorität garantiert, dass Schleusenkammern auch richtig gefüllt werden. Gefüllt mit Booten, denn das große Manko in Selbstbedienungs-Revieren ist die Tatsache, dass gerade ungeübte Skipper Angst haben, dicht vor das Tor zu fahren, Angst haben, nahe aufzurücken und oft aus Nervosität sehr früh am Hebel ziehen, ohne Rücksicht auf weitere wartende Boote zu nehmen. Tagtäglich zu beobachten etwa an der Oberen Havel. Und wenn sich die Tore schließen, gibt es kein Zurück mehr, auch wenn noch ein Boot um die Ecke kommt. Bei handbedienten Schleusen kann das Tor wieder geöffnet werden, Automatikschleusen sind dazu nicht in der Lage. Dazu kommt, dass ein Schleusenwärter die Reihenfolge der Einfahrt durch einfache Anweisungen ändern kann und auch so für eine optimale Nutzung der Kammer sorgt, denn die Einfahrt einfach nach der Reihenfolge der Ankuft am Wartesteg zu regeln - der berühmte Schleusenrang - ist oft kontraproduktiv. Hier können klare Anweisungen dafür sorgen, dass die Boote in sinnvoller Reihenfolge einfahren. Die Folge der gerade diskutierten Nachteile: es wird bei Selbstbedienung viel mehr Schleusungen geben, auch weil die intelligente Kombination von Berg- und Talfahrt wegfällt. Eine Automatik hat zudem nicht die Möglichkeit, vor einer Leerfahrt zu checken, ob in absehbarer Zeit vielleicht ein Boot aus der Gegenrichtung kommt, das mitgenommen werden kann. Daher wird der Wasserverbrauch deutlich steigen, in Zeiten zunehmender Trockenheit auf Grund des Klimawandels in den Revieren ohne stetigen Zufluss von oben ein großes Problem. Jedes Jahr müssen inzwischen die Schleusungsintervalle für Sportboote teilweise drastisch verlängert werden. Die Problematik betrifft vor allem die kleinen Wasserstraßen im Osten und Süden der Republik. Auch aus diesem Grund ist die Umrüstung auf Selbstbedienung ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Vielleicht kann die Kritik vor Ort hier noch für eine Änderung sorgen, denn noch wird diskutiert. Die Frage ist nur, wie ergebnisoffen das geschieht...

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