Santorini Herbst 2008

Reisebericht von Karl-Heinz Czierpka

Die nächste Bilderserie stammt von Jürgen, der mit seinem Quad an mehreren Tagen die Straßen auf Santorini unsicher gemacht hat. Unter anderem hat er auch den einzigen "richtigen" Hafen der Insel besucht, Athinios Port - und von dort dramatische Bilder mitgebracht, Menschen auf der Flucht. Flucht vor was? Scroll mal...

Schöner Blick hinunter, etwa 150 Meter über dem Hafen in luftiger Höhe ein Blick auf die einzige Anlegenmöglichkeit für große Schiffe. An der Farbe deutlich zu erkennen: So richtig groß ist der Tiefwasserbereich nicht, aber für die Fähre reicht es. Über die schmale und steile Straße, die sich zum Hafen hinunter windet habe ich bereits vor Jahren ein paar Gedanken niedergeschrieben. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Ich musste das schreiben, um meine Ängste produktiv zu verarbeiten, die Ängste nämlich, die ich auszustehen hatte, als unser Bus diese Straße mal eben so locker in Richtung Hafen befuhr, der junge griechische Fahrer mit den beiden netten blonden Reiseleiterinnen flirtend und scherzend alles tat, um als "ganzer Kerl" von ihnen wahrgenommen zu werden - die tollkühnen Männer in ihren schlingernden Bussen eben - Mann, das war eine Fahrt. Jürgen hat es da einfacher, er ist selbst für Geschwindigkeit und Richtung verantwortlich. Das Wellenbild zeigt aus dieser Höhe nur recht "kleine" Wellen, doch die großen Verwirbelungen durch Bug- und Heckstrahlruder machen dem Kundigen deutlich, dass der Koloss es schon schwer hat, auf der Stelle zu bleiben und dass die Maschinen hier nachhelfen müssen.

Hier im Zusammenhang was am oberen Bildrand des vorhergehenden Fotos eben nur "am Rande" zu sehen war: Blick auf die Vulkaninseln Paläa Kameni (hinten) und Nea Kameni (vorn) und auf Therasia im Hintergrund. Doch erst einmal zurück zur Fähre....

Sie liegt vor Buganker im Hafen Athinios Port, sie sichert den regelmäßigen Massenverkehr von und nach Santorini ab. Der Bugwulst lugt noch so eben aus dem Wasser. Kleine Schaumkronen zeigen in der Caldera den frischen Wind an, was sagt Herr Beaufort dazu: Mindestens 4 hier in der geschützten Caldera, draußen werden es 5-6 sein. Hier in Lee der Fähre ist das Wasser recht ruhig. Hinten sieht man gerade noch einen der Kreuzfahrer vor Fira auf Reede liegend - und natürlich Fira, wie eine Schneehaube auf der dicken Bims-Schicht!

Bei Wind wird der schnelle Warenumschlag doch deutlich in Mitleidenschaft gezogen - die Wellen klatschen bedrohlich auf die Pier und das Beladen gerät zu einer Wasserschlacht. Abwartend stehen die Fahrgäste in gebührendem Abstand und beobachten die Fontänen, die bei jeder Welle an Land (und auf die Gangway) zischen. Das wird ein besonderer Spaß heute, Wet-Sweatshirt-Party - live. Aber man kann warten so lange man möchte, der zeitliche Abstand zwischen den Wellen ist so klein, dass die Zeit für das trockene Erreichen des Schiffes nicht ausreichen wird. Da müssen nun alle durch, denn leider gibt es keinen Shuttle-Bus, der die Menschen an Bord bringen kann.

Im Laufschritt versuchen die Passagiere trockenen Fußes und trockenen Hemdes an Bord zu kommen - heute gelingt es ihnen nur unvollkommen. Meterweit spritzt die Gischt auf die Gangway und es gibt keinen Schutz. Acht Stunden braucht die große Fähre, 4 Stunden die Schnellfähre bis in die Hauptstatdt - beide zu einem Bruchteil der Kosten, die ein Flug verursacht.

Auch die Autos bekommen eine korrosionsfördernde Salzwasserdusche - aber zumindestens bleibt der Fahrer trocken. So füllt sich das Schiff langsam aber sicher. LKW´s und Busse - alles kommt an Bord.

Dann heißt es Leinen los und der Koloss legt ab. Beide Maschinen machen schon Fahrt...

...oben verschwindet die Leine in der Klüse, die Schrauben drehen sich und der Pott setzt sich langsam in Bewegung. Draußen sind 3-Meter-Wellen zu erwarten, das wird etwas schaukeln aber dem Blue-Star-Boot keinen Ärger machen. Die leicht klamm gewordenen Passagiere werden es auch aushalten - bleibt ihnen ja auch nichts anderes übrig.

Und während sich die Ladeluke schließt läuft die Fähre hinaus in die Kaldera, um bei Oia die freie See zu erreichen.

Eine Bucht weiter sind die Zeichen der Katastrophe deutlich: Am 6. April 2007 sank hier die Sea Diamond der Core Marine Ltd. in Piräus - am Vortag war der Kreuzfahrer beim Manövrieren mit einem bekannten Unterwasserriff kollidiert. Statt das Schiff auf die einzig mögliche Stelle für ein kontrolliertes auf Grund setzen zu schleppen - zwischen die beiden Vulkaninseln Nea und Paläa Kameni bei 20m Tiefe - zog man es lediglich vom Riff herunter - das Schiff sank und nun liegt der Bug auf 60m Tiefe während das Heck bis auf 150m sank - für eine Bergung ist eine solche Lage am Steilhang natürlich ein absoluter Gau - völlig unkalkulierbar was passiert, wenn das 22.400 Tonnen-Wrack angehoben wird. Zwei Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben - Schuld waren nach den letzten Ergebnissen fehlerhafte Karten der griechischen Marine, das Riff war dort bis 67m vor der Küste eingezeichnet, neue Vermessungen haben aber ergeben, dass es sich bis 131 Meter in den Krater hineinzieht. Auch sollen die Tiefenangaben nicht korrekt gewesen sein. Kapitän Giannis Marinos konnte von mehr als 20 Meter Tiefe ausgehen, aber es waren nur deren 5! Nun streitet man sich heftig um die Schuld- und Kostenfrage - die Bergung ist in weite Ferne gerückt. Immer wieder machen Demonstranten darauf aufmerksam, dass dort unten 430 Tonnen Schweröl und 80 Tonnen Dieslreibstoff liegen, wenn die Tanks lecken würden wäre eine Umweltkatastrophe vorgezeichnet. Ölsperren sollen eine Ausbreitung verhindern, kleine Ölflächen werden ständig beobachtet.

Diese Bauherren hätten auf jeden Fall einen Logenplatz bei etwaigen Bergungsarbeiten - doch es wird noch einige Jahre dauern, bis diese Häuser bezugsfertig sind. In Griechenland ist es völlig normal, wenn der Bau eines solchen Hauses fünfzehn Jahre dauert. Überall stehen sie herum, die vielen Bauruinen - denkt man jedenfalls erst, dass es sich um Ruinen handelt. Doch es wird weiter gebaut - sobald die Kasse wieder gefüllt ist. Kein schönes Bild an allen Stellen in der Landschaft diese Rohbauten vorzufinden - und für mich sind auch die vielen fertigen Gebäude, wie mit einer Streusandbüchse über die ganze Insel verteilt, eine echte Umweltverschmutzung. Die Insel ist total zersiedelt. Zwar sind es fast ausnahmslos kleine Bauten, bestens auf die Insel passend - aber diese Menge ist schon erdrückend.

Ihn stört diese Diskussion weniger - solange irgend eine mitleidige Seele ihn durch Futterbrocken dann und wann vor dem Verhungern rettet ist seine Welt in Ordnung. Hier auf den warmen Stufen in Fira lässt es sich aushalten und an den Winter denkt man nicht, der kommt schon von allein früh genug und mit ihm die Zeit des Hungerns - ohne Touristen ist die Lage der vielen streunenden Hunde und Katzen auf Santorini ziemlich hoffnungslos. In großen Rudeln ziehen die Hunde dann über die Insel und versuchen zu überleben...

Für Futter der vielen Esel und Mulis ist zwar gesorgt, doch ist ihre Situation in Teilen ähnlich beklagenswert. Wir haben Esel in engen Hinterhöfen gesehen, in dunklen Verschlägen - manchmal möchte man die dazugehörenden Menschen selbst in solche Kerker einsperren...

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