Sch wie Schleusen oder schleusen

Drama oder Lustspiel in fünf Akten

2. Akt - Wer bin ich - oder: Jetzt geht es endlich los!

Praktisch ist es, wenn man es weiß: Geht es rauf oder runter? Durchaus nicht trivial! Bei einem staugeregelten Fluß sicher kein Problem, bei einem Kanal allerdings wird die Richtung festgelegt. Und das heißt durchaus nicht immer, dass man in Bergfahrt stets nach oben schleust. Bei einem so langen Kanal wie dem Mittellandkanal etwa (im rechten Winkel zu den Flüssen mitten durchs Land) kann es durchaus sein, dass man irgendwann die Scheitelhaltung erreicht und es anschließend auch für den Bergfahrer abwärts geht. Also: Blick in die Karte, dort ist entweder die Bergfahrt als Pfeil mit der Aufschrift "Bergfahrt" angegeben oder aber die Strömungsrichtung (meist ein blauer Pfeil mitten im Gewässerlauf) und das auch dann wenn´s gar nicht strömt, also bei Kanälen. Ein Bergfahrer bleibt auf jeden Fall auch dann ein Bergfahrer wenn er nach unten schleust und da das nicht alle wissen und viele unsicher sind fragen an solchen Stellen die Schleusenmeister in der Regel zur Sicherheit über Funk nach der Richtung - aber diese Situationen sind die Ausnahmen! Im Normalfall schleuse ich als Talfahrer "zu Tal". Wichtige Begriffe für die Standortbestimmung und -beschreibung: Oberwasser und Unterwasser. In der Karte erkennt man die Richtung der Schleuse an den Zeichen der Tore: Unterwasser > Schleuse > Oberwasser. Das kann man sich leicht merken wenn man sich vorstellt, dass sich die Tore gegen den Wasserdruck stemmen müssen - und der ist natürlich vom Oberwasser kommend immer am größten. Oder man merkt es sich an der Richtung eines Schiffes, das von der stürmischen See kommend nach Hause fährt: Skipper und Crew sind froh, den tobenden Elementen entkommen zu sein, da liegen dann die grünen Tonnen mit dem Pfeil in Richtung Mutti rechts und auch die Schleusensymbole zeigen zum Ziel: In die warme Küche und ins kuschelige Bett!


Nicht immer so deutlich wie hier: Es geht zu Berg!

Anmelden - Funk oder Handy - man möchte Daten. Wie heißt das Boot, wo kommt es her und ggf. ist die Länge interessant - schon ist der Schleusenmeister glücklich. Wer funkt vergisst bitte einige Dinge aus den Kursen - man ist sonst für Tage das Gesprächsthema Nummer eins auf dem Kanal. Kurze Meldung, etwa wie folgt: "Henrichenburg Schleuse, hier ist das Sportboot Tremonia" und nach Antwort wird dann kurz alles andere nachgeliefert. "Wir möchten zu Berg (oder Tal)". Praktisch ist es, wenn man vor Beginn des Gesprächs geklärt hat, wo man sich genau befindet (Kanalkilometer, Brücke xy oder eine andere markante Landmarke), denn oft kommt die Frage "Wo sind Sie jetzt?" - im Pott oft "Wo bisse denn getz grade?". Man kann auch ruhig fragen, wann es denn soweit ist und, so noch nicht im Blick, ob es eine Sportbootliegestelle gibt usw. Oft gibt es dort auch noch eine Sprechanlage für die ganz schwierigen Kommunikationsfälle des Lebens! Kreuzen vor der Schleuse sollte man sich schenken, das ist nur etwas für den Fall, dass die Einfahrt unmittelbar bevorsteht. Ansonsten: Ran an den Sportboot-Wartesteg oder an die Spundwand, Leine von der Mittelklampe aus gelegt - und schon kehrt Ruhe ein, Zeit für den Kaffee oder notfalls auch die Zigarette davor...


Wartesteg am Wesel-Datteln-Kanal - Fender, Leinen - alles klar

Mittlerweile hat man schon geklärt: Wie viele Meter geht es hoch, vielleicht hat man auch schon einen Blick in die Kammer erhaschen können und weiß, wie man dort fest machen kann. Ist es eine glatte Wand (Keine Probleme) oder muss man sich auf eine Spundwand einstellen? Auf jeden Fall ist das Schiff klar für die Schleuse, und das heißt:
- Fender an beiden Seiten
- Leinen liegen klar
- Aufgaben sind verteil
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So fahre ich in die Kammer: Am Bug ein dicker Kugelfender (für alle Fälle), der ist so dick, dass er auch bei Spundwänden nicht in den Zwischenräumen verschwindet. Dort, wo die gerade Linie des Rumpfes beginnt, hängt ein erster Fender, der zweite etwa zwei Meter vom Heck entfernt. Und da es hier im Ruhrgebiet sehr viele Spundwände gibt, fahre ich einen vierten Fender (Langfender) waagerecht am Heck. Der bleibt auch dort so hängen, die anderen werden nach dem Schleusen auf das Gangbord gelegt. Natürlich findet sich diese Kombination auch auf der anderen Seite wieder. Zuviele Fender? Finde ich nicht, macht zwar etwas mehr Arbeit, doch eine einzige vermeidbare Macke würde mich für viele Stunden beschäftigen. An beiden Mittelklampen sind Leinen mit dem Auge befestigt, ich kann also problemlos auf beiden Seiten anlegen. Eine zweite Leine lege ich erst nach dem Festmachen in der Schleuse - nämlich dann, wenn ich dicht hinter einem Berufsschiff liege oder wenn starke Strömungen zu erwarten sind. Hat die Schleuse ein Hubtor, kann man ggf. schon mal das Verdeck oder die Dachluke schließen oder empfindliche Dinge sichern - das tropft teilweise gewaltig. Wer Funk an Bord hat, hört mit und bleibt auf so auf dem letzten Stand. Man weiß dann, welche Schiffe noch kommen, wer zuerst einfahren darf und kennt auch alle anderen Informationen, die ausgetauscht werden. Und dann gibt es "Zwei Grüne" und es geht los, endlich, der Spaß beginnt...


Ganz schön knapp, passt soeben - Licentia läuft in die Schleuse Rodde am DEK km 113 ein

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