S wie Spleiß
A wie Augspleiß

Spleißen ist eine wichtige Technik, man/frau hat es meist im Rahmen des ersten Segelscheines gelernt. Aber ehrlich: Da es mehr als unwahrscheinlich ist, dass es in der Prüfung vorgeführt werden muss, habe ich es nur sehr halbherzig betrieben - in diesem Augenblick gab es andere Prioritäten. Spätestens aber, wenn das eigene Boot am Kai liegt, erinnert man sich. In die erste Festmacherleine habe ich mir noch ein Auge einspleißen lassen, doch irgendwann bekommt man besondere Wünsche: Kleine Augen etwa für Leinen, die an Klampen belegt werden, große Augen für dicke Betonpoller usw. Auch die neuen Fender müssen "beleint" werden - lange Rede kurzer Sinn: Es wäre doch praktisch, man/frau würde es selbst können! Dabei gibt es bei mir an Bord nur dreischäftig geschlagenes Tauwerk, ein Seil oder Tampen besteht also aus drei Kerdeelen. und nur mit denen kann ich spleissen, Quadratgeflechte usw.: Bei mir keine Chance! Und es geht hier nur um den Augspleiß - Rückspleiße gibt es bei mir nicht da die Leine dann ggf. nicht mehr durch irgendwelche Öffnungen oder Verengungen läuft wenn sie am Ende dicker wird - außerdem: Da mache ich mir mit dem Lötkolben ein schönes Ende, das hält ohne Probleme wenn man sich ein wenig Mühe gibt.

Wichtig sind die Vorbereitungen. Zunächst einmal umklebe ich die Spitzen der einzelnen Kardeelen mit TESA. Die Garne, aus denen jedes Kardeel geschlagen ist, ribbeln sich sonst schneller auf als man zuschauen kann. Und diese Garne wiederum bestehen aus Faser, die auch lieber jede für sich alleine wäre.... Also, einmal rum mit TESA, dann bleibt alles schön zusammen. Außerdem habe ich noch einen Streifen TESA um die feste Part gelegt, den Teil also, der sich nicht weiter aufdrehen soll - das törnt sich sonst immer weiter auf....

Damit die Schritte gut nachvollzogen werden können, habe ich jedes Kardeel markiert, klasse, oder? Diese Kardeele bezeichne ich folgend als lose Kardeele im Gegensatz zu den festen Kardeelen, die das Seil bilden und nicht aufgedreht sind.

Jetzt geht es endlich los: Wie groß soll das Auge werden? Entsprechend wird nun das aufgedrehte Ende auf die Leine gelegt. Wer sich streng an die Fotos halten will, achtet bitte auf die Drehrichtung des Tampen!!! Dann hält uns nichts mehr: Beherzt wird ein festes Kardeel soweit angehoben...

...dass das obere Kardeel (hier weiß) hindurch geschoben werden kann, es wird ziemlich bis zum Ende durchgezogen. Dabei drehe ich es immer ein wenig, denn auch jetzt ist die starke Tendenz zu verspüren, sich in alle Einzel-Garne und -Fasern zu zerlegen. Also, immer etwas drehen, dann bleibt die Chose hübsch zusammen!

Wichtig ist, dass das Auge nicht verzogen oder verdreht wird, also jetzt erst einmal schauen, ob es noch ohne jeden Drall völlig platt auf dem Tisch liegt. Nun kommt das nächste Kardeel an die Reihe (rot). Es kommt nun unter das feste Kardeel vor dem Kardeel, unter das wir gerade das weiße Kardeel geschoben haben. Das rote Kardeel kommt also aus der Keepe, in die das weiße Kardeel hineingeht. Einfach, oder?


Eigentlich ganz einfach: Aus jeder Keepe muss ein Kardeel herauskommen...

Danach lege ich den Spleiss auf die andere Seite und ziehe nun das dritte Kerdeel, in unserem Fall das blaue; unter dem letzten festen Kardeel hindurch, das noch nicht benutzt wurde. Das ist der einzig schwierige Schritt, jetzt die richtige Stelle zu finden! Also Zeit lassen und in Ruhe die Kardeele nachgehen!

Danach steckt jedes Kardeel unter einem festen Kardeel, aber jedes unter einem anderen, das ist besonders wichtig!!! Da man den Zwischenraum zwischen den Kardeelen auch Keepe nennt, kann man es noch eleganter ausdrücken: Aus jeder Keepe kommt nun ein Kardeel heraus! Noch etwas ist wichtig: Die losen Kardeele kreuzen die festen Kardeele etwa im rechten Winkel, dadurch wird ein optimales Bekneifen sicher gestellt und damit der sichere Halt des Auges.

Nun ziehen wir alle drei "bis zum Anschlag", mit Gefühl und leichter Drehung und können dann die Bauchbinde entfernen. Noch einmal das Auge kontrollieren, es sollte jetzt glatt und ohne Verdrehung auf dem Tisch liegen. Man sollte das gebilde immer mal wieder zwischendurch durchkneten und bewegen, damit sich alles gut ineinander fügt. Zuletzt (siehe unten, kommt der Spleiss ohnehin noch unter die Füße)

Alles klar? Dann Ring frei zur nächsten Runde!


So sieht es jetzt aus - nun geht es einfach ganz systematisch weiter

Völlig klar was nun kommt, denn jedes Kardeel überspringt nun ein festes Kardeel und taucht unter dem nächsten durch, wieder möglichst im rechten Winkel und wieder mit etwas Gefühl.

Und noch einmal im Großformat!

Wenn man ein einzelnes Kardeel verfolgt, dann muss immer wieder diese Reihenfolge stimmen - eigentlich einfach. Im Anfang kommt man schnell durcheinander oder - gern gemachter Fehler - man schiebt ein loses Kardeel unter einem anderen losen Kardeel durch statt unter ein festes Kardeel - aber mit etwas Ruhe klappt es.

Dann kommt nur noch die Feinarbeit: Wenn man mindestens drei Durchgänge mit jedem Kardeel geschafft hat, werden die Überlängen abgeschnitten und mit dem Lötkolben soweit angeschmolzen, dass sie bündig mit den festen Kardeelen abschließt. Ich bemühe mich immer um eine Pilzform, damit die Arbeitskardeele auf keinen Fall wieder zurück rutschen kann. Und ich vermeide scharfe Kanten.

Und zum krönenden Abschluss: Götz aus dem boote-forum schreibt dazu kurz und knapp: Gaanz wichtig:...sei der Spleiß auch noch so guuut, kommt er trotzdem untern Fuuut! Also auf´n Boden legen und mit dem Fuß kräftig hin- und herrollen - sieht erst dann so richtig gut aus. Im boote-forum wurde diese Seite Weihnachten 2006 sehr begrüßt und als Autor wurde ich mit Dank überschüttet:

War doch eigentlich einfach, oder? Und wer das jetzt einige Male gemacht hat, kann sich an die nächste Steigerung wagen: Eine Kausch einspleissen, das ist etwas kniffeliger und die Profis benutzen dazu eine spezielle Zwinge - aber es geht auch ohne Spezialwerkzeuge. So kann man dann seine Leine mit einem Schäkel prima an Ringen usw. befestigen, ohne dass der Tampen durchscheuert. Wichtig ist hier die richtige Größe der Kausch, sie muss zum gewählten Leinendurchmesser passen.

Und wer sich das nicht zutraut - auf www.czierpka.de gibt es auch für schwere Fälle von Spleiss-Verweigerung eine prima Lösung. Auf die eingespleisste Kausch kann verzichten, wer den Zweistrang-Bändselknoten beherrscht. Nie gehört? Dann schau doch mal:

Links zu themenähnlichen Seiten:
K wie Kausch
Z wie Zweistrang-Bändselknoten

Diese Seite ist Teil der Domain www.czierpka.de. Das Copyright liegt bei Karl-Heinz Czierpka, es gelten die im Impressum und der Erklärung zum Datenschutz aufgeführten Grundsätze und vor allem die dort zitierten Einschränkungen!. Nicht verzagen - Kalle fragen diskutiert alle Probleme aus der weiten Welt der Motor- und Segelboote - und manchmal werden sie sogar gelöst!!
Falls diese Seite aus einem Reisebericht heraus aufgerufen wurde: Hier geht es zu den anderen Seiten der Serie.